Samstag, 27. Mai 2023

Intermezzo 4: Das war der zweite Streich...

Krast - Eibiswald
(26,0 km - 910 Hm auf - 920 Hm ab)

Als ich am frühen Morgen mal raus muß, bietet sich das folgende Panorama beim Blick(-versuch) ins Tal:

Beim Aufstehen hat die Sonne den Dampf schon bis Höhe der Unterkunft getrieben, aber beim Start nach dem Frühstück ist der Morgennebel-Spuk auch bereits vorbei.

Über die Hügel folge ich der sich schlängelnden Straße tendentiell gen Südwesten: Ich will ja zurück auf den Südalpenweg, der hier direkt auf dem Grenzkamm Steiermark/Slowenien verläuft.

Meine (theoretische) Planung zu Hause ist (praktisch) gar nicht mal so schlecht: Entgegen meiner Erwartungen muß ich nicht richtig ins Tal hinunter, sondern muß mich am Ende nur noch ein Stück in die Höhe schrauben, auch wenn das stellenweise recht steil ist, wobei zwischendrin auch sanfte Passagen zum Ausruhen beim Gehen verlocken: 

Letztlich erreiche ich bei einem Gehöft wieder den 03er:

Wobei bereits der nächste Hof - nur einen Steinwurf weit entfernt - auf slowenischer Seite liegt, wie die leuchtend weißen Grenzsteine verdeutlichen.

Wie mir ein Kenner am nächsten Morgen erzählen wird, war bereits zu Zeiten Jugoslawiens eine direkte punktuelle Zusammenarbeit (Strom, Wasser, ...) sinnvoll und nötig.

Diese Grenze war auch zu Zeiten des kalten Krieges nie richtig abgeriegelt: Ah, Österreich ist ja auch neutral.

Die alten Grenz-Schilder werden heute augenscheinlich teilweise anderweitig einer alternativen Verwendung als Markierungspfahl zugeführt:

Einmal auf der Höhe angekommen, führt der Weg meist etwas auf und etwas ab, mal auf österreichischer, mal auf slowenischer Seite.

Schön, daß man sich da in unseren Tagen keine (großen) Gedanken mehr machen muß.

Ich frage mich allerdings, was wohl passierte, wenn die Freiheitlichen (wie es die aktuellen Umfragen als stärkste Kraft vorhersagen) an die Macht kommen.

Was würde wohl an dieser Stelle bei einer slowenischer Retour-Kutsche (wir machen mal die Grenze dicht) herauskommen ?

Bundesheer-Einsatz mit schweren Transporthubschraubern, um die Fahrzeuge von links nach rechts oder umgekehrt zu versetzen, da die Kehre ja in Slowenien liegt ?

Ein letzter Steilaufstieg (Fall-Linie dem Grenzverlauf folgend) und ich werde um's Eck bei Sankt Pongrazen landen, wo die Österreicher in den 1960er Jahren etwas Land hergeschenkt haben, damit die Grenze nicht mehr durch die Kirche geht, sondern diese komplett zu Slowenien gehört.

Als dann der österreichische Botschafter in Jugoslawien vorstellig wurde, daß die Nutzung als Stall bzw. Grenzschutz-Unterkunft nicht angemessen sei, konnte die Kirche - auch mit Geldern aus Österreich - in ihrer eigentlichen Gestalt wieder hergestellt werden.

Kurz danach verabschiede ich mich von der Hauptroute des Südalpenwegs gen Radlpaß (ich und Radl... ;-) und biege auf die 03a-Variante ab, die mich nach Eibiswald führen soll.

Zuweilen hat das hinterlistige Bergvolk diesem Vorhaben aber ein paar Stein *äh* pardon: Bäume in den Weg gelegt, wobei sich dieser Zeitgenosse als BESONDERS hinderlich erweisen soll: Umgehung oben nicht möglich (lockere Erde). Umgehung unten nicht möglich (lockere Erde). Überklettern nicht möglich (zu hoch).

Da ist guter Rat teuer: Aber hinsetzen und weinen ist ja bekanntlich keine Option.

Irgendwie kämpfe ich mich durch den Baum. Bleibe mehrfach mit dem Rucksack stecken und habe am Ende sichtbare Spuren inkl. eines nassen Hosenbodens.

Letzterer trocknet bei diesen Aussichten aber recht schnell wieder:

An einzelnen Gehöften und Kapellen vorbei, verliere ich langsam an Höhe.

Der Blick in die Ferne zeigt noch Schnee am Zentralalpenweg:

Ist ja auch noch Mai.

Aber beim Endspurt ignoriere ich die Wintersperre einfach großzügig...

Quasi auf die Minute komme ich an der Bushaltestelle im Zentrum an.

Bus ?

Ja, der Lückenschluß ist erfolgt: Hier stand ich 2014 schon von Graz kommend und war dann via Soboth auf den Südalpenweg eingebogen.

Somit wäre es ok (und kraftsparend) den Bus nach Wies hinüber zum Bahnhof zu nehmen, um wieder nach Graz zurück zu kommen.

Aber der Bus kommt nicht.

Und kommt nicht.

Also entweder hat er arg Verspätung oder der ausgehängte Busfahrplan stimmt nicht (ist jedenfalls nicht identisch mit dem PDF aus dem Internet) oder es sind doch Ferien (unwahrscheinlich) oder ich habe ihn doch irgendwie geradeso verpaßt.

Ausgerechnet in der nächsten Stunde zum nächsten Zug fährt augenscheinlich gar kein Bus.

Also doch Leistungsmarsch und Vollgas über den Paß, um den aktuellen Zug vielleicht noch zu erwischen.

Ich optimiere die Route ein wenig, daß ich nicht komplett der vielbefahrenen Straße folgen muß und just an der Paßhöhe, ca. 15 Meter von der dortigen Bushaltestelle saust der Bus mit ca. 15 Minuten Verspätung an mir vorbei.

Ärgerlich.

Mein Tempo erhöht sich dadurch aber nur noch.

Im Stechschritt erreiche ich den Bahnhof in Wies 9 Minuten vor Abfahrt der S-Bahn.

Puh, da ist ja sogar noch etwas Luft, um Online-Ticket zu buchen: Ticket-Automaten am Bahnhof oder im Zug gibt es nicht, man könnte aber wohl auch direkt beim Zugbegleiter bezahlen.

Jener macht es dann auch der Fahrt gen Graz nochmal spannend, als er PLÖTZLICH an einem Bahnhof sagt: "Alle raus und mit der S61 weiter".

Ich hatte mich ziemlich ausgebreitet und die Schuhe ausgezogen, da heißt es nun erneut, fix sein, 7 Sachen packen und mit offenen Schnürbändeln der Horde von Gleis 1 auf Gleis 3 hinterher.

Kaum schließt sich hinter mir in diesem ziemlich vollen Zug (und nicht-klimatisierten) die Tür, geht es mit der Rangierlokomotive voran auch schon los gen Graz...


Begegnungen:

- 1 Reh

- 1 Falke

- 1 Laufente

- 1 Eichhörnchen


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen